Viele Frauen mit Harninkontinenz werden nicht behandelt

NEW YORK (Reuters Health) - In einer aktuellen Untersuchung litten mehr als die Hälfte aller Frauen an einer bis dahin nicht diagnostizierten und unbehandelten Harninkontinenz. Dabei gaben zwei Drittel dieser Frauen an, an mittelschweren bis schweren Symptomen zu leiden.

"Es scheint, dass die Kommunikation zwischen Arzt und Patientin beim Thema Harninkontinenz schlecht ist", schreiben Dr. J. Quentin Clemens von der University of Michigan, Ann Arbor, und seine Kollegen in der November-Ausgabe des American Journal of Medicine.

Die Forschergruppe verschickte Fragebögen an 2118 Frauen im Alter zwischen 25 und 80 Jahren, die bei Kaiser Permanente Northwest versichert waren. Bei keiner war bis dahin eine Harninkontinenz oder ein anderes urogenitales Leiden diagnostiziert worden.

Gefragt wurde nach Art der Inkontinenz, Häufigkeit und Schwere des Harnverlustes sowie nach der Lebensqualität.

875 Frauen (41 Prozent) schickten den Fragebogen ausgefüllt zurück. Ihre Antworten zeigten, dass 52,6 Prozent in den vorangegangenen 12 Monaten an Harninkontinenz gelitten hatten und 38,9 Prozent in den zurückliegenden 7 Tagen.

Die Anzahl der Episoden pro Woche lag zwar im Median bei 1, reichte aber von 1 bis 35 Episoden pro Woche. Die meisten Frauen (68 Prozent) verwendeten zumindest gelegentlich Monatsbinden, und 46 Prozent hatten aufgrund eines Harnverlustes hin und wieder feuchte Kleidung.

Eine zunehmende Schwere der Symptome war mit einer geringeren Lebensqualität assoziiert. "Keine der Frauen, die über einen sehr starken Harndrang oder eine gemischte Harninkontinenz klagte, gab gleichzeitig an, mit ihrer Lebensqualität zufrieden zu sein", erklären die Wissenschaftler.

Die Wissenschaftler sichteten die jeweiligen Krankenakten der 234 Frauen, die über eine mittelschwere bis schwere Harninkontinenz klagten, im Hinblick auf das vorangegangene Jahr.

Im Laufe des Vorjahres, so berichtete Dr. Clemens gegenüber Reuters Health, wurden in den Unterlagen von 11 Patientinnen (4,7 Prozent) Inkontinenzsymptome aufgeführt, der Diagnose-Code aber nicht angegeben. Im übrigen wurde keiner der verbleibenden Patientinnen eine Behandlung angeboten.

Dr. Clemens Arbeitsgruppe vermutet, dass das Schamgefühl der Patientinnen und ein begrenztes Wissen um das Leiden den Mangel an Kommunikation erklären können. Auf der anderen Seite könnte es auch sein, dass die Patientinnen an akuteren oder schwereren Erkrankungen litten, die bei ihren Arztterminen Priorität hatten.

Quelle: American Journal of Medicine 2009;122:1037-1042