Orale Kontrazeptiva verringern das Risiko für Harninkontinenz-Symptome

NEW YORK (Reuters Health) - Frauen im gebärfähigen Alter, die orale Kontrazeptiva einnehmen, haben ein geringeres Risiko für Funktionsstörungen des unteren Harntraktes als Frauen ähnlichen Alters, die keine Pille nehmen. Dies berichten schwedische Wissenschaftler.

"Die Einnahme von Hormonen in Form oraler Verhütungsmittel hat das Potenzial, die Funktion von Blase und Harnröhre positiv zu beeinflussen", schrieb Dr. Daniel Altman vom Karolinska Institut Stockholm in einer E-Mail an Reuters Health.

In einer Studie an weiblichen Zwillingen im Alter zwischen 20 und 46 Jahren, die auf einen Internetfragebogen geantwortet hatten, hatten Dr. Altman und seine Kollegen den Einfluss von Kontrazeptiva auf das Risiko für Funktionsstörungen des unteren Harntrakts untersucht.

Auf Basis ihrer Antworten wurden Frauen mit Blasenproblemen folgenden Kategorien zugeteilt: Belastungs- und/oder Dranginkontinenz, überaktive Blase oder nächtliche Blasenschwäche. Für eine erste Analyse wurden jedoch alle Untergruppen zu einer einzigen Variable zusammengefasst.

In der August-Ausgabe von Fertility and Sterility berichten die Wissenschaftler, dass von den 8689 Zwillingen, die geantwortet hatten, 2072 aktuell orale Kontrazeptiva einnahmen, 118 benutzten Levonorgestrel freisetzende intrauterine Spiralen.

Wie die Forscher schreiben, war der aktuelle Gebrauch oraler Kontrazeptiva invers mit Beschwerden des unteren Harntrakts verknüpft - auch wenn die Angaben zu Alter, Body Mass Index und Schwangerschaft berücksichtigt wurden.

Die Einnahme oraler Kontrazeptiva war außerdem mit einem um 43 Prozent niedrigeren Risiko für Belastungsinkontinenz, einem 48 Prozent niedrigeren Risiko für gemischte Inkontinenz (Belastungs- und Dranginkontinenz) sowie einem um 64 Prozent verringertem Risiko für Dranginkontinenz verbunden.

Es habe einen nicht signifikanten inversen Zusammenhang zwischen dem Gebrauch oraler Kontrazeptiva und Symptomen einer überaktiven Blase gegeben, merken die Wissenschaftler an.

Die protektiven Effekte oraler Kontrazeptiva waren für ein- und zweieiige Zwillinge ähnlich. Bei den Nutzerinnen der intrauterinen Spiralen gab es jedoch keine Reduktion der Symptome.

Unglücklicherweise - so räumen die Autoren ein - wurden keine Informationen zur Dauer der Kontrazeptiva-Verwendung oder der Zeit seit ihrer letzten Anwendung erfasst.

Dennoch stärkten die Befunde seiner Gruppe "die Ansicht, dass selbst, wenn erbliche Faktoren eine wichtige Rolle bei der Anfälligkeit für die Entwicklung von Harninkontinenz spielen, das Inkontinenz-Risiko doch Interventionen zugänglich ist", erklärte Dr. Altman gegenüber Reuters Health.

"Wir haben eine prospektive Follow-up-Studie der Frauen dieser Studie initiiert", fuhr er fort. "Indem wir fünf Jahre nach der ursprünglichen Studie Daten sammeln, werden wir von Frauen, die während der Beobachtungsphase mit der Einnahme oraler Kontrazeptiva begannen, hoffentlich mehr Informationen zur Ursache-Wirkungs-Beziehung bekommen. Diese können wir dann mit Frauen vergleichen, die die Pille abgesetzt oder die Verhütungsmethode gewechselt haben. Prospektive Daten werden es uns ermöglichen, die Effekte von Nutzungsdauer, Alter, Entbindungen und anderen Umweltfaktoren abzuschätzen, die den Zusammenhang verkomplizieren."

Die Frauen in ihrer Studie seien alle im gebärfähigen Alter gewesen, merken die Wissenschaftler an. Bei Frauen nach der Menopause gebe es lediglich widersprüchliche Evidenz zu den Effekten der Hormoneinnahme auf Funktionsstörungen des unteren Harntrakts. Einige Konsensus-Berichte stützen diesen Ansatz, aber Befunde der Women's Health Initiative zum Beispiel sprechen nicht für den Einsatz oraler Kontrazeptiva, um Harninkontinenz bei älteren Frauen zu behandeln.

"Es scheint biologisch plausibel zu sein, dass die Einnahme weiblicher Reproduktionshormone die periurethrale Bindegewebsstruktur und den Stoffwechsel vor und nach der Menopause unterschiedlich beeinflusst", kommentieren die Wissenschaftler.

Ebenfalls unbekannt sei, ob diese Hormone "die Harninkontinenz-Symptome bei Frauen mit manifester Erkrankung tatsächlich verbessern können oder nicht", schließen die Autoren.

Quelle: Fertil Steril 2009;92:428-433.