Harnwegserreger mit den eigenen Waffen schlagen

ST. LOUIS (MedCon) – Bakterien, die Harnwegsinfektionen verursachen, produzieren mehr "diebische" Siderophore als die gutartige Versionen der gleichen Bakterien, die man im Magen-Darm-Trakt findet. Das haben Wissenschaftler der Washington University School of Medicine in St. Louis and the University of Washington herausgefunden.

Die Siderophore sind chemische Verbindungen, die es den Bakterien erlauben, Eisen von ihrem menschlichen Wirt zu klauen. Das erleichtert den Bakterien zu überleben und sich zu vermehren. Doch die Siderophore bieten auch ein potenzielles Angriffsziel, mit dem man die schädlichen Stämme auslöschen könnte, ohne dabei den gutartigen Bakterien zu schaden, berichten die Forscher am 20. Februar in PLoS Pathogens.

"Wenn wir eine Infektion mit Antibiotika behandeln, ist das wie das Abwerfen einer Bombe ? fast alles wird ausgelöscht, egal ob es nützlich ist oder schädlich", sagte Studienleiter Dr. Jeff Henderson. "Wir suchen nach Wegen, die schädlichen Bakterien anzugreifen und die guten Bakterien in Ruhe zu lassen, diese Siderophore sind eine großartige Spur in diese Richtung."

Die E. coli-Bakterien, die Harnweginfektionen in den allermeisten Fällen verursachen, kommen möglicherweise aus dem Magen-Darm-Trakt, wo mehrere Stämme dieser Bakterien leben. Einige dieser Stämme helfen bei der Verdauung und blockieren die Ansiedlung anderer, infektiöser Organismen. Um zu untersuchen, wie sich gutartige und schädliche E. coli-Stämme unterscheiden, nutzten Henderson und sein Team einen metabolomischen Ansatz: sie untersuchten die von den Bakterienzellen produzierten chemischen Verbindungen, also Wachstumssignale ebenso wie Toxine und Abfallstoffe.

Die untersuchten Bakterien stammten aus Stuhl- und Urinproben von Patienten mit immer wieder auftretenden Harnwegsinfektionen. Es stellte sich heraus, dass die im Urin identifizierten E. coli-Stämme mehr Yersiniabaktin und Salmochelin herstellten. Diese beiden Siderophore helfen den Bakterien Eisen zu stehlen, um ihr eigenes Überleben zu sichern.

Eisen ist ein wichtiger Nährstoff, der vom Wirtskörper normalerweise fest unter Verschluss gehalten wird. Es gibt Hinweise darauf, dass der Kampf ums Eisen schon seit Jahrtausenden zwischen Krankheitserregern und ihren Wirten tobt.

Das Vertrauen der infektiösen Bakterienstämme auf Siderophore könnte auf unterschiedliche Weise in der Therapie genutzt werden. Man könnte versuchen, die Aktivität des Proteins, das für die Herstellung von Siderophoren zuständig ist, zu blockieren. Ebenso wäre eine Strategie denkbar, die sich einer Art Trojanischen Pferdes bedient.

"Um Eisen zu klauen, müssen die Siderophore von der Bakterienzelle losgeschickt werden, an das Eisen binden und dann zusammen mit ihrer kostbaren Ladung wieder in die Zelle aufgenommen werden", erklärte er. "Wenn es uns gelingt, ein Antibiotikum zu entwickeln, das wie ein Siderophor aussieht, könnten wir die krankheitsverursachenden Bakterien austricksen, damit diese das Medikament aufnehmen, während die gutartigen Bakterien nicht zu Schaden kommen."

Quelle: PLoS Pathogens, 20. Februar 2009