Depressionen erhöhen Inkontinenz-Risiko bei Frauen

Ältere Frauen, die an einer Majoren Depression leiden, haben ein höheres Risiko für Harninkontinenz als gleichaltrige Frauen, die nicht depressiv sind.

NEW YORK (Reuters Health) - Ältere Frauen, die an einer Majoren Depression leiden, haben ein höheres Risiko für Harninkontinenz als gleichaltrige Frauen, die nicht depressiv sind, wie neue Untersuchungen zeigen.

Da Harninkontinenz und Depressionen bei Frauen oft zusammen auftreten, machten sich Dr. Jennifer Melville von der University of Washington in Seattle und Kollegen daran, zu ermitteln, ob es zwischen den beiden Erkrankungen einen kausalen Zusammenhang gibt.

Frühere Studien zeigten eine hohe Depressionsrate unter Frauen, die wegen Inkontinenz behandelt wurden, doch keine davon hat untersucht, ob eine Störung zur anderen führt. Melvilles Team stellte die Hypothese auf, dass die physiologischen Veränderungen durch eine Erkrankung die Voraussetzungen für die andere schaffen, da der Neurotransmitter Serotonin sowohl bei Depressionen als auch bei Inkontinenz eine Rolle spielt.

"Wir gingen davon aus, beide Richtungen zu finden, also dass bei einigen Leuten durch die Depressionen ausgelöste biochemische Veränderungen zu Inkontinenz führen, während bei anderen die psychologische Reaktion auf Inkontinenz eine Depression auslöst", sagte Melville in einem Telefoninterview mit Reuters Health.

Sie durchsuchten die über sechs Jahre in der Health and Retirement Study gesammelten Daten zur finanziellen und körperlichen Gesundheit von erst kürzlich in den Ruhestand gegangenen Rentnern in 70.000 Haushalten.

Die Forscher führten zwei Analysen durch. In der ersten wurden Frauen, die schon mit Depressionen in die Studie aufgenommen wurden, darauf hin untersucht, ob sie eine Harninkontinenz entwickelten. Die zweite Analyse schaute sich Frauen an, die bei Studieneintritt an Inkontinenz litten, um zu ermitteln, ob beim Follow-up Depressionen vorlagen.

In dieser Stichprobe von fast 6000 durchschnittlich 59 Jahre alten Frauen "sahen wir nur die eine Richtung, nämlich dass Depressionen zu Inkontinenz führen. Umgekehrt führte Inkontinenz jedoch nicht zu Depressionen", sagte Melville.

Diese eindeutigen Studienergebnisse hätten sie so nicht erwartet, räumt Melville ein: "Wir waren überrascht, dass der Effekt so einseitig war."

Ärzte können die Erkenntnisse dieser Studie nutzen, um ?Frauen mit Depressionen hinsichtlich eines potenziell erhöhten Risikos für die Entstehung einer Harninkontinenz aufzuklären und was zu tun ist, wenn Inkontinenz-Symptome auftreten, schreiben Melville und ihre Kollegen im American Journal of Obstetrics and Gynecology.

Der Verlust der Kontrolle über die Blasenfunktion kann emotional sehr belastend sein, nicht zuletzt wegen den Auswirkungen auf den Alltag, schreiben sie in ihrem Artikel. Viele Betroffene schämen sich, fühlen sich der Erkrankung hilflos ausgeliefert und schränken als Folge soziale und berufliche Aktivitäten ein.

Die neuen Erkenntnisse, fügen Melville und ihre Kollegen hinzu, betonten auch, "wie wichtig es ist, Depressionen als vordringliches Problem der öffentlichen Gesundheit anzugehen", da sie auch Auswirkungen auf andere biologische Funktionen hätten.

Quelle: American Journal of Obstetrics and Gynecology, November 2009